Wirtschaft boomt: USA-Fracht teurer, Europa billiger
Die globalen Frachtraten sind in Bewegung: Während die USA von steigenden Preisen betroffen sind, erleben europäische Importeure deutliche Kostenrückgänge
Die Frachtraten zwischen Asien, den USA und Europa entwickeln sich derzeit in unterschiedliche Richtungen – mit erheblichen Auswirkungen auf globale Handelswege und die deutschen Häfen. Während die Preise für Transporte in die USA stark ansteigen, profitieren Importeure in Europa von sinkenden Kosten.
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Steigende Frachtpreise: Nachfrage, Neujahrsfest und Hafenstreiks
Paradoxerweise sind die steigenden Preise auf den Routen nach Nordamerika ein Zeichen für positive wirtschaftliche Entwicklungen. Die Konjunktur in den USA scheint anzuziehen, was den Warenbedarf der Einzelhändler wachsen lässt. Diese füllen ihre Lager frühzeitig für das erste Quartal auf, um mögliche Engpässe zu vermeiden. Gleichzeitig drohte ein Streik in den Häfen der US-Westküste, der die gesamte Lieferkette gefährden hätte könnte, nun aber erst einmal abgesagt ist. Um diese Unsicherheit abzufedern, zogen viele Unternehmen Importe vor – mit erheblichen Konsequenzen für die Transportpreise.
Reedereien nutzen die Situation aus, indem sie Kapazitäten auf den Transpazifikrouten gezielt verknappen, was ihre Profite sprudeln lässt. Hinzu kommen neue Zölle, die viele Importeure dazu zwingen, ihre Warenlieferungen vorzuverlegen. Gleichzeitig spielt das bevorstehende chinesische Neujahrsfest Ende Januar eine Rolle: Traditionell führen die Feierlichkeiten in China zu einem sprunghaften Anstieg der Frachtmengen.
Die Wartezeiten in den asiatischen Ausgangshäfen zeigen die vorfestliche Stoßzeit. In Shanghai und Ningbo, zwei der wichtigsten Exporthäfen Chinas, liegt die Congestion Rate laut des Datenanalysten Linerlytica bei 1,56 Schiffen pro Liegeplatz. Das bedeutet, dass auf jeden verfügbaren Liegeplatz mehr als ein Schiff wartet – ein Engpass, der die Abläufe verzögert und zusätzliche Kosten verursacht.
Der World Container Index (WCI) zeigt diese Entwicklung deutlich: Während die Frachtraten im Sommer 2024 noch bei etwa 4.000 USD pro 40-Fuß-Container (2 TEU) lagen, stiegen sie zuletzt rapide an und erreichten diese Woche knapp über 7.000 USD.
Abb 1: Der WCI Container Freight Index für die Linien Shanghai – Los Angeles/Long Beach und Shanghai – New York. Quelle: Drewry
Besonders betroffen sind die Häfen New York und Savannah. Während die Wartezeit in New York mit einer Congestion Rate von 0,90 Schiffen pro Liegeplatz fast ausgelastet ist, zeigt Savannah mit 1,08 Schiffen bereits ein Überangebot – ein klares Zeichen für die angespannte Lage an den Ostküstenhäfen.
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Europa: Nachfrage bleibt schwach = Frachtpreise fallen
Die lahmende Konjunktur in Europa schlägt sich auch auf die Frachtraten nieder. Die Preise für die Strecke von Asien nach Rotterdam sind auf rund 4.375 USD gefallen – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den Spitzenwerten von über 8.000 USD im Sommer 2024. Dieser Preisverfall ist nicht nur Ausdruck der schwachen Nachfrage und stagnierenden Wirtschaft, sondern auch das Ergebnis strategischer Neuausrichtungen in der Schifffahrtsbranche.
Abb 2: Der WCI Container Freight Index für die Linien Shanghai – Genua und Shanghai – Rotterdam. Quelle: Drewry
Die bevorstehende Auflösung der 2M-Allianz zwischen Maersk und MSC hat den europäischen Markt in Bewegung gebracht. Maersk arbeitet ab 2025 mit CMA CGM zusammen, was zu einer Neuordnung der Marktstruktur führt. Bremerhaven erwartet von dieser Entwicklung ein höheres Umschlagsvolumen, da MSC seine Präsenz im Hafen ausbaut. Im Gegensatz dazu befürchtet der Hamburger Hafenbetreiber HLLA Umschlagsverluste, da Maersk mit der neuen Allianz möglicherweise weniger Ladung nach Hamburg bringen wird. Die Verlagerung von Frachten auf alternative Häfen bringt Unsicherheiten mit sich, da Hamburg bisher eine zentrale Rolle im Asien-Europa-Verkehr spielte.
Zusätzlich wird der Hamburger Hafen von der neuen Express-Linie von Asien nach Skandinavien herausgefordert. Diese verbindet den Tiefwasserhafen Wilhelmshaven mit Häfen in Nordeuropa und umgeht Hamburg vollständig. Während Wilhelmshaven mit seiner besseren Anbindung an große Containerschiffe punktet, ist die Linie als Ergänzung zum bisherigen Angebot gedacht. Sie bietet kürzere Transitzeiten und richtet sich speziell an Kunden, die Wert auf Geschwindigkeit und Planbarkeit legen. Für Hamburg könnte diese Entwicklung langfristig jedoch zu einer Verschiebung von Marktanteilen führen.
Ausblick: USA weiter teuer, Europa vor weiteren Rückgängen
Für die nächsten Wochen erwarten Analysten wie Drewry weitere Preissteigerungen auf den Routen nach Nordamerika. Die Kombination aus steigenden Zöllen und dem chinesischen Neujahrsfest dürfte die Frachtraten weiter nach oben treiben. Nach den Feiertagen in China wird es die üblichen Nachholeffekte geben, da verzögerte Lieferungen aufgearbeitet werden. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, wie sich die Handelswege nach dem Amtsantritt von Donald Trump entwickeln, da mögliche protektionistische Maßnahmen den globalen Handel nachhaltig beeinflussen könnten.
In Europa sieht die Lage anders aus: Laut Linerlytica wird der Rückgang der Frachtraten in den kommenden Wochen weitergehen. Die Analysten erwarten, dass die Preise nach einer leichten Stabilisierung im Januar im Februar deutlicher fallen könnten, wenn das chinesische Neujahrsfest vorbei ist. Für die europäischen Häfen könnte dies bedeuten, dass niedrige Preise zwar attraktiv für Importeure sind, aber nicht automatisch zu einer Erholung der Umschlagsvolumina führen.