Trump gegen China: Machtspiel ohne Ausweg - Teil 2: Das Feiglingsspiel eskaliert
Teil 2 ist da. Trump sucht Anerkennung, Xi setzt Finanzwaffen ein. Trump wartet auf Xi’s Anruf. Wer gewinnt das Feiglingsspiel?
Macht und Sehnsucht: Trumps psychologische Schwäche
Doch bei Donald Trump kommt noch eine weitere Komponente hinzu, die sein Verhalten gegenüber autoritären Führern wie Putin, Xi Jinping oder besonders Kim Jong-un verständlich macht: sein tief verwurzelter Wunsch nach Anerkennung – vor allem durch starke Männer.
Generiert durch KI (Unterstützt durch DALL-E3 und GROK)
Willkommen zu Teil 2: ‚Trump gegen Xi: Das Feiglingsspiel eskaliert‘. Falls ihr den Einstieg verpasst habt: In Teil 1, ‚Der Aufbau des Machtspiels‘, skizziere ich Reagans Erfolg und die Persönlichkeiten von Trump und Xi. Den ersten Teil findet ihr hier:
Als „Macher“ im Sinne des erweiterten Modells der Grundzüge der Angst ist Trumps zentrales Motiv, als bedeutend und überlegen wahrgenommen zu werden. Stärke, Dominanz, Kontrolle – das sind die Leitwerte seines Selbstbilds. Autoritäre Herrscher verkörpern diese Eigenschaften in Reinform. In ihnen sieht er keine Gegner, sondern Spiegel: Männer, die das zu sein scheinen, was er selbst sein will – unangreifbare Führungsfiguren, gefürchtet und bewundert zugleich.
Ein besonders deutliches Beispiel dafür ist Trumps Beziehung zu Kim Jong-un. Nach dem ersten historischen Gipfeltreffen in Singapur 2018, das er selbst als „großen Erfolg“ inszenierte, folgte 2019 das ernüchternde Treffen in Hanoi – ein Misserfolg. Die Verhandlungen scheiterten, es gab keine Vereinbarung zur Denuklearisierung, Kim reiste vorzeitig ab. Doch Trump sprach anschließend nicht etwa von Enttäuschung, sondern von gegenseitigem Respekt. Er präsentierte der Öffentlichkeit mehrfach die „wunderschönen Liebesbriefe“, die Kim ihm geschrieben habe – ein Ausdruck fast kindlicher Bewunderung, den er bis heute gern zitiert.
Berichten zufolge nahm Trump diese Briefe sogar nach dem Ende seiner Amtszeit mit nach Mar-a-Lago – als eine Art Trophäe, ein Beweis dafür, dass er auf Augenhöhe mit den „großen Männern“ dieser Welt gestanden habe.
Psychologisch liegt darin ein tiefer Widerspruch: Trump sehnt sich nach Bestätigung durch genau jene Männer, gegen die das demokratische Selbstverständnis der USA eigentlich Front machen müsste. Für den „Macher“ Trump aber zählt nicht das System – sondern das Spiel. Und darin ist es ihm wichtiger, von einem Kim geliebt zu werden, als von einem Kongress verstanden.
Das neue Feiglingsspiel: Trump gegen Xi Jinping
Der von Trump am „Liberation Day“ begonnene Handelskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt entwickelt sich im Falle von China zu einem „Feiglingsspiel“, wie zwischen den USA und der Sowjetunion zu Zeiten Reagans. China reagiert auf jede Erhöhung der Zölle seinerseits mit neuen Abgaben und anderen Handelshemmnissen, worauf Trump wiederum mit einer neuen Runde antwortet.
Xi Jinping beweist damit Stärke – eine Stärke, die Trump zugleich respektiert und fürchtet. Für Trump ist Xi nicht nur ein Gegner, sondern ein Maßstab: ein autoritärer Führer, dessen Anerkennung ihn als „Macher“ bestätigen würde. Er nimmt Xi ernst, weil dieser sich nicht einschüchtern lässt – in Trumps Weltbild ein Zeichen von Gleichwertigkeit. Doch genau diese Standhaftigkeit wird zur persönlichen Zurückweisung. Trump erwartet Respekt oder Unterwerfung; wenn beides ausbleibt, schlägt seine Bewunderung in Frustration um. Diese psychologische Schwäche – die Sehnsucht nach Xis Bestätigung – treibt ihn zu impulsiven Zügen: Er eskaliert die Zölle, um Xis Anerkennung zu erzwingen, doch Xi bleibt kalt. Das kratzt an Trumps Ego und untergräbt seine Standhaftigkeit im Spiel.
Anders als bei Reagan sind aber die Karten im Falle von Trump versus Xi Jinping ungleich verteilt. Während Reagan im Kalten Krieg auf ein festes westliches Bündnissystem bauen konnte, hat Trump es geschafft, sich wortwörtlich die gesamte restliche Welt zum Feind zu machen – inklusive der Pinguine, könnte man sagen. Reagan hatte Europa, Japan und Kanada an seiner Seite. Trump hatte Zölle.
Auch die wirtschaftliche Ausgangslage ist fundamental verschieden. Zwischen den USA und der Sowjetunion gab es kaum Handelsbeziehungen – wirtschaftliche Sanktionen konnten folgenlos verhängt werden. Im Gegenteil: In manchen Jahren mussten die USA die Sowjetunion sogar mit Getreide versorgen. Bei China ist das Gegenteil der Fall: China ist integraler Bestandteil globaler Lieferketten – und die USA sind auf Importe aus China existenziell angewiesen. Vom iPhone bis zum Solarpanel, von seltenen Erden bis zu maschinell gefertigten Bauteilen. Maßnahmen gegen China treffen amerikanische Verbraucher und Unternehmen direkt – und lassen sich nicht einfach substituieren.
Auch das strategische Setting unterscheidet sich: Im Kalten Krieg hatte die Sowjetunion ein permanentes Informationsdefizit. Reagans militärische Drohkulissen funktionierten, weil Moskau nicht wusste, wie ernst es ihm war – oder wie groß der technologische Vorsprung des Westens tatsächlich war. Trump dagegen tritt gegen einen Gegner an, der die Schwächen der USA genau kennt. Peking weiß um den inneren politischen Streit, kennt die Abhängigkeiten der US-Wirtschaft – und hat strategisch jahrzehntelang geplant. Trumps Anerkennungssuche verschärft diesen Nachteil: Seine Offenheit – getrieben von dem Drang, als stark wahrgenommen zu werden – macht ihn für Xi berechenbar. Er inszeniert sich lautstark, weil Schweigen für ihn Schwäche bedeutet, während Xis Undurchsichtigkeit ihm Kontrolle gibt.
Reagan hatte ein Ziel – und einen Ausweg. Seine Eskalationen dienten einer langfristigen Strategie: Rüstungskontrolle, Systemöffnung, diplomatische Annäherung. Trump dagegen hat keine Exit-Strategie. Er spielt ein Feiglingsspiel – aber ohne Lenkrad, ohne Ziel, ohne Landkarte.
Xi Jinping, als typischer Vertreter eines „Beharrers“, hat einen festen Kompass. In Trumps Kosmos sind alle diese Punkte Teil dessen, was er in „The Art of the Deal“ als „Leverage“ beschreibt. „Leverage“ ist Verhandlungsmacht – alles, was einem in einer Verhandlung einen Vorteil verschafft. Sein Prinzip ist einfach: „Wer mehr zu verlieren hat, verliert die Verhandlung.“ Doch seine psychologische Schwäche kehrt dieses Prinzip um: Er will Xis Respekt als Teil seines Leverage, aber Xi verweigert ihm das. Statt seinen Hebel zu stärken, zerstört Trump ihn durch Ungeduld – getrieben von einem Ego, das Bestätigung sucht, wo keine zu finden ist.
Anleihen, Währungen, Macht: Chinas Finanzwaffen
Beim Feiglingsspiel hält Xi Jinping die besseren Karten in der Hand. Auch China wird in diesem Handelsstreit verlieren – etwa ein Drittel aller Exporte Chinas gehen direkt oder indirekt in die USA. Doch zwischen den USA und China herrscht kein „Gleichgewicht des Schreckens“ wie zwischen den USA und der Sowjetunion. China hält US-Anleihen im Wert von etwa 4 % des amerikanischen BIPs und etwa 3,24 Billionen in Währungsreserven, die wahrscheinlich zum Großteil aus US-Dollar bestehen. Damit könnte China die amerikanische Wirtschaft schwer treffen.
Auf der anderen Seite kann die USA China vom SWIFT-Bankensystem abschneiden – doch ein solcher Schritt würde den Warenfluss in die USA stoppen. Schießen die USA diesen Schuss ab, sterben sie als zweites. Würde China alle US-Bonds und Dollar abstoßen, wären die Folgen auch für China katastrophal, aber wahrscheinlich überlebbar.
Wie entscheidend der Anleihemarkt in diesem Spiel ist, zeigte sich am Donnerstag, dem 10. April 2025. Trumps „Liberation Day“ hatte die Aktienmärkte bereits in einen Bärenmarkt geschickt – ein Abwärtstrend, den er ignorierte. Doch als am Donnerstag die Renditen der US-Anleihen stiegen, weil Anleger ausstiegen, reagierte er prompt: Er verkündete ein 90-tägiges Zollmoratorium gegen nahezu alle Länder – außer China. Wer die Anleihen abstieß, bleibt unklar. Neben China standen Hedgefonds im Verdacht, mittlerweile gerät Japan in den Fokus.
Während Trump sein Leverage nach den Regeln von „The Art of the Deal“ sucht – Druck durch Zölle, Sieg durch Dominanz – wäre es verlockend, Xi Jinping als Gegenpol mit Sun Tzus „Die Kunst des Krieges“ zu beschreiben. Doch Xi auf Sun Tzu zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht. In den Parteischulen umfassend ausgebildet, sowohl in östlichen als auch westlichen philosophischen Traditionen, vereint er Ansätze verschiedener Strategen. Spuren von Augustus’ Stabilitätssuche, Machiavellis Machtkalkül oder Bismarcks geopolitischer Weitsicht lassen sich ebenso finden wie Hegels dialektisches Geschichtsverständnis.
In der konkreten Auseinandersetzung mit Trump wählt Xi jedoch ein einfaches, wirksames Mittel: Er spiegelt Trumps Maßnahmen – Zölle mit Gegenzöllen, Drohungen mit Standhaftigkeit – und geht auf das Feiglingsspiel ein, ohne sich zu überheben.
Drei Wege zum Sieg: Xi kalkuliert Trumps Ende
Xi weiß, dass er am längeren Hebel sitzt. Anders als Trump, der öffentliche Meinung und Wahlen fürchtet, ist Xi unabhängig. Er sieht drei Szenarien:
Erstens, Trump ‚blinkt‘ – wie beim Zollmoratorium nach dem Anleihe-Absturz – und wird zur ‚lame duck‘. Neue Einbrüche am Anleihenmarkt oder massenhafte Proteste könnten ihn weiter zwingen, nachzugeben. Denn was Immobilien für die Altersvorsorge der Chinesen sind, sind Aktien für die Amerikaner. Bis Donnerstag vernichteten die Einbrüche an den Aktienmärkten 6,4 Billionen US-Dollar
Zweitens, die GOP rebelliert, weil Trumps Politik ihre Wahlaussichten nach den Midterms 2026 gefährdet, und zwingt ihn zum Rückzug. Drittens, das Kabinett setzt den 25. Verfassungszusatz ein, um ihn wegen unberechenbarer Entscheidungen (etwa wirtschaftlicher Selbstschädigung) abzusetzen – oder die Demokraten gewinnen 2026 beide Kammern und starten Impeachments gegen Trump und Vizepräsident J.D. Vance, etwa wegen Verletzung der Handelsklauseln oder nationaler Sicherheitsrisiken. Oder mit Insiderhandel im Zusammenhang mit der Aussetzung der Zölle.
In allen Fällen verlässt Xi das Spielfeld als Gewinner: Trump weicht aus und verliert an Einfluss, oder er stürzt ab und wird abgesetzt. Eine neue Administration wird China weiter bekämpfen, doch Xi trifft dann auf einen rationaleren Gegner, mit dem Kooperation möglich ist – ein Spiel, das er beherrscht.