China verkauft seinen Himmel: Erste Stadt versteigert Luftraum
China verkauft Luftraum: Jinan vergibt eine 30-jährige Konzession über 924 Millionen Yuan. Zukunft der Low Altitude Economy oder teures Risiko?
Als erste Stadt hat die Hauptstadt Jinan der ostchinesischen Provinz Shandong ihren Luftraum verkauft. Genauer gesagt, der etwas westlich gelegene Bezirk Pingyin County. Für 924 Millionen Yuan (etwa 119 Millionen Euro) wurde eine 30-jährige Konzession zur Entwicklung und Verwaltung von Projekten der Low Altitude Economy (LAAE) an die Shandong Jinyu General Aviation Co., Ltd. vergeben. Die Konstruktion dieser Auktion wirft Fragen auf: Zwar wird die Maßnahme als Vorstoß in ein innovatives Wirtschaftsfeld gefeiert, doch untersteht die Jinyu Aviation direkt dem Pingyin County Finance Bureau. Es entsteht der Eindruck, dass hier öffentliche Gelder auf Umwegen umgeleitet werden, anstatt echte Investoren einzubinden.
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Milliardenmarkt: Die chinesische Vision der LAAE
China hat in den letzten Jahren erheblich in die LAAE investiert. Bis Ende August 2023 waren laut der Civil Aviation Administration of China (CAAC) mehr als 1,11 Millionen zivile Drohnen registriert – ein Anstieg von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zudem wurden 182.000 Lizenzen für Drohnenpiloten und über 17.000 Unternehmen im Drohnensektor registriert. Diese Zahlen zeigen, wie weit die Infrastruktur bereits ausgebaut ist, und verdeutlichen das Potenzial für weiteres Wachstum. Zwischen Januar und August 2023 verzeichneten zivile Drohnen mehr als 16,8 Millionen Flugstunden, ein klares Indiz für die zunehmende Bedeutung dieser Branche.
Das wirtschaftliche Potenzial, das in der LAAE gesehen wird, ist ebenso ambitioniert wie umstritten. Eine 2023 veröffentlichte Analyse der International Digital Economy Academy (IDEA) in Shenzhen schätzt, dass dieser Sektor bis 2025 einen Beitrag von bis zu 5 Billionen Yuan (rund 700 Milliarden US-Dollar) zur chinesischen Wirtschaft leisten könnte. Laut der chinesischen Luftfahrtbehoerde CAAC überstieg die Low Altitude Airspace Economy bereits 2023 ein Volumen von 500 Milliarden Yuan und könnte bis 2035 auf 3,5 Billionen Yuan anwachsen. Diese Zahlen wecken Begehrlichkeiten, werfen aber auch Fragen nach der Realisierbarkeit auf. Ist die Nachfrage wirklich groß genug, um solche Wachstumsprognosen zu stützen?
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LAAE: Ideen für eine funktionierende Infrastruktur
Die Anwendungen innerhalb der LAAE sind vielseitig: Drohnenlogistik für den E-Commerce, wie sie von JD.com und Meituan getestet wird, oder eVTOLs (elektrische Senkrechtstarter), die den städtischen Verkehr entlasten sollen. Der Autohersteller XPeng hat bereits ein fliegendes Auto vorgestellt. Besonders spannend ist Shanghais Plan, bis 2027 rund 400 Flugrouten im urbanen Luftraum zu etablieren. Gleichzeitig bleibt fraglich, ob diese Entwicklungen flächendeckend umgesetzt werden können. Die regulatorischen Anforderungen und die technologische Umsetzung stehen noch am Anfang. Stabilität, Reichweite und Sicherheitsstandards für Drohnen und Fluggeräte sind weiterhin Baustellen.
LAAE: „The Next Big Thing” oder Milliardengrab?
Ein interessanter Aspekt der chinesischen Low Altitude Economy ist ihr Fokus auf ein wohlhabenderes Klientel, zumindest im Bereich des Personentransports. Der Einsatz von eVTOLs, die sowohl technologisch anspruchsvoll als auch infrastrukturell aufwendig sind, wird deutlich teurer sein als herkömmliche Verkehrsmittel wie Autos oder öffentliche Verkehrsmittel.
Dabei ist besonders vor dem Hintergrund zu sehen, dass Helikopter in chinesischen Megastädten fast völlig fehlen – ein deutlicher Kontrast zu Hongkong, wo regelmäßig Hubschrauber über die Skyline fliegen. In Beijing, Shanghai oder Shenzhen sind sie selten zu sehen, abgesehen von besonderen Anlässen wie dem Formel-1-Grand-Prix in Shanghai.
Die Low Altitude Economy bleibt eine spannende Wette auf die Zukunft. Sie könnte sich als das „next big thing“, der nächste große Wirtschaftssektor entpuppen, der die Art und Weise verändert, wie wir Mobilität und Logistik wahrnehmen. Doch ebenso besteht das Risiko, dass sie zu einem Milliardengrab für Investoren wird, wenn Nachfrage, Technologie oder regulatorische Rahmenbedingungen nicht wie erhofft zusammenfinden. Geht Chinas Wette auf die LAAE genauso auf, wie bei den Elektroautos?